Das Lebenswerk von Prof. Dr. med. Manfred Bauer ist unabdingbar mit der Entwicklung einer offenen, sozialen und gemeindenahen Psychiatrie in Deutschland verbunden. Ab 1970 begann er gemeinsam mit anderen Mitstreitern, die Psychiatrie-Enquête, die Reform der psychiatrischen Versorgung in Deutschland, in die Wege zu leiten. Dies führte zu bleibenden Veränderungen: An die Stelle der Anstaltspsychiatrie traten die gemeindenahen psychiatrischen Abteilungen an Allgemeinkrankenhäusern und eine funktionale Verkleinerung und Modernisierung der ehemaligen Anstalten. Die Struktur aller Psychiatrien hatte sich auf die Behandlungsbedürfnisse psychisch Kranker zu richten.

Im Rahmen seiner psychiatrischen Facharztweiterbildung ging Bauer 1968 nach Hannover, bald wurde er Oberarzt und Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie. 1976 habilitierte sich Bauer mit der Untersuchung der Veränderungen, die mit der Sektorisierung der psychiatrischen Versorgung in Hannover einhergegangen waren.

1980/1981 schloss er seine psychoanalytische Weiterbildung ab, erhielt eine Professur in Hannover und wurde Chefarzt der neugegründeten psychiatrischen Klinik am Stadtkrankenhaus Offenbach am Main. Aus einem Nichts an psychiatrischer Versorgung in Offenbach entwickelte Prof. Bauer schrittweise eine umfassende gemeindeintegrierte psychiatrische Vollversorgung. Diese Vollversorgung wurde zu einem Vorbild nicht nur in Deutschland.

Prof. Bauer wirkte mit Offenheit, Verständnis und respektvoller Anerkennung. Er war Gründungsmitglied der „Deutschen Gesellschaft für soziale Psychiatrie“, arbeitete im „Mannheimer Kreis“ mit, beteiligte sich an der Aktion „Psychisch Kranke“ und war über zehn Jahre Vorsitzender des Arbeitskreises der Leiter psychiatrischer Abteilungen an Allgemeinkrankenhäusern. Lange Zeit war er Landesarzt für seelisch Behinderte in Hessen und Herausgeber der Fachzeitschrift „Psychiatrische Praxis“. 1999 erhielt er das Bundesverdienstkreuz.

Wir verlieren mit Prof. Bauer eine Persönlichkeit, der es gelang, die psychiatrische Behandlung in Deutschland bleibend zu vermenschlichen. Sein unermüdliches Engagement werden wir mit großer Dankbarkeit in Erinnerung behalten.

Dr. med. Rainer Dehe, Dr. med. Hartmut Müller, Josef Schädle