Rückblick Arzneimittelspende

Bereits im Frühjahr 2023 hat die Landesärztekammer Hessen (LÄKH) zusammen mit der Universitätsklinik Frankfurt Medikamente im Wert von 113.000 Euro für drei Krankenhäuser in der Ukraine zusammengestellt; die Arzneimittel wurden mit Hilfe der unentgeltlich arbeitenden Hilfsorganisation Hope for Ukraine e. V. (Dresden) an die Ziele in Odessa und Kiew gebracht. Das Geld für die Medikamente wurde aus dem „Ukraine Medical Help Fund“ (UMHF) des Weltärztebundes und dem Ständigen Ausschuss der Ärztinnen und Ärzte der Europäischen Union sowie weiterer Medizinorganisationen zur Verfügung gestellt (HÄBL 04/2023).

Cyberattacke verzögerte Aktionen

Im zweiten Halbjahr 2023 bat ein großes Zentralkrankenhaus für die Stadt und die Region Odessa in der südlichen Ukraine um Unterstützung. Durch Bereitstellung verschiedener Medizinprodukte und Hilfsmittel sollte die durch die russische Aggression eingeschränkte Versorgungsfähigkeit wiederhergestellt werden. Wieder wurde die LÄKH vonseiten des Uniklinikums Frankfurt und einzelnen Dritten unterstützt, auch hier sollten die notwendigen Gelder vom UMHF gestellt werden. Nach dem Ausräumen vieler Unklarheiten mit den Fachleuten in Odessa, gestützt auf Übersetzungshilfe durch den Verein Hope for Ukraine, brachte am Folgetag eine Cyberattacke das Uniklinikum Frankfurt in erhebliche, letztlich über Monate andauernde Schwierigkeiten. Alle Ressourcen mussten vorübergehend in die Sicherung der eigenen Patientenversorgung gesteckt werden.

Vitaler Versorgungsbedarf

Dass Putins Invasionsarmee weder die Zivilbevölkerung schont noch das Rote Kreuz als Schutzzeichen respektiert, ist inzwischen vielfach von unabhängigen Beobachtern dokumentiert worden. Dazu gehört auch das Beschießen von eindeutig ausgewiesenen Sanitätsfahrzeugen. Der Bedarf an diesen Fahrzeugen ist notwendiger Weise groß (Behandlung während der Fahrt), sie stellen jedoch trotz des völkerrechtlichen Schutzes wegen der auffälligen Kennzeichnung ein leichtes Ziel dar. Die Ukrainer haben deswegen mit Erfindungsreichtum eine feldtaugliche Alternative geschaffen. Robuste Evakuierungsfahrzeuge (Evacs) werden in kleinen ukrainischen Werkstätten aus kommerziellen Komponenten zusammengebaut. Sie bestehen aus einem starken Motorrad oder einem vierrädrigen Quad, an das ein gut zwei Meter langer, einachsiger und oben offener Hänger gekoppelt wird. Auf den Hängern werden Schwerverletzte auf Tragen festgeschnallt und schnellstmöglich trotz Minengefahr (!) weg von der Front an den Ort der Versorgung gebracht. Die Fahrenden haben lediglich Waffen zur Verteidigung der Verletzten und des eigenen Lebens dabei. Der Einsatz der Evacs ist sehr erfolgreich, aber sie müssen nach wenigen Einsatzmonaten wieder in die Werkstatt. Für die Herstellung von fünf Evacs wurden 40.000 Euro aus UMHF-Mitteln für die Ukrainehilfe der LÄKH in Absprache umgewidmet.

Weitere 20.000 Euro wurden zum Ankauf von Abbindesystemen für schwere Extremitätenverletzungen (Tourniquets, auch Aderpressen genannt) verwendet. Damit können große arterielle oder venöse Blutungen zeitlich begrenzt unterbrochen werden, um ein Verbluten vor weitergehender ärztlicher Versorgung zu verhindern. Es konnten 1.000 solche Tourniquets beschafft werden. Der Zweck und die Anzahl sagen viel über die bedrückende Situation an der Front aus.

Hilfe geht weiter

Seit Mitte Januar 2024 konnte die Vorbereitung der Lieferung von Medizinprodukten und Hilfsmitteln nach Odessa wieder aufgenommen werden. Die zuvor umgewidmeten Mittel für Evacs und Tourniquets sollen möglichst durch eine Sekundärspende aus dem UMHF ausgeglichen werden, aber jede der geschilderten Spenden unterstützt die Ukraine, deren Resilienz ich nach inzwischen zwei Jahren des russischen Angriffskriegs bewundernswert finde.

Dr. med. Alexander Marković, MBA, Beauftragter der LÄKH für Ukrainehilfe und Zivil-Militärische Zusammenarbeit