Auch dieses Jahr vertrauen die Menschen in Deutschland einer aktuellen, repräsentativen Forsa-Umfrage zufolge unverändert am stärksten Ärzten (81 %) und der Polizei. Und das, obwohl daran interessierte Kreise beharrlich versuchen, deren Ansehen zu diskreditieren. Man denke nur an den angeblich Mittwoch- und Freitagnachmittag Golf spielenden Arzt und ähnliches mehr. Wachsendes Vertrauen genießen auch das Bundesverfassungsgericht, Gerichte allgemein und die Bundeswehr, wohingegen das Vertrauen in die Bundesregierung, den Bundeskanzler und die politischen Parteien weiter abnahm. Natürlich spielt bei diesen Werten auch der eigene Erfahrungshorizont eine wesentliche Rolle. Fast jeder Mensch in Deutschland hat Kontakt zu einer Ärztin oder einem Arzt, während Kontakte zu Politikerinnen und Politikern vielfach kaum vorhanden sind. Persönlich Bekanntes wird fast immer positiver beurteilt als Unbekanntes. Das zeigt übrigens ganz nebenbei, warum unmittelbare Arzt-Patienten-Kontakte – bei allen Segnungen der Telemedizin oder gar der Künstlichen Intelligenz – so wichtig sind. Der Mensch ist ein soziales Wesen und braucht direkte Kontakte, auch wenn die durchschnittlich zehn Arzttermine, die in Deutschland verzeichnet werden, oft etwas zu viel des Guten sind. Hier können die Videosprechstunde oder das elektronisch erstellte Folgerezept sicher entlasten.

Und damit bin ich bei dem E-Rezept. Warum wurden gesetzlich Versicherte nicht von ihrer jeweiligen Krankenkasse über das seit Beginn des Jahres verpflichtende E-Rezept informiert? Selbst die Homepages der großen Krankenkassen (Zugriff am 08.01.2024) helfen hier kaum weiter. Bei der Techniker Krankenkasse findet sich auf der Startseite gar kein Hinweis und bei der Barmer muss man ein ganzes Stück herunterscrollen, um einen entsprechenden Link zu finden; immerhin. Befürchten die Krankenkassen einen Ansturm auf die jeweiligen kasseneigenen Applikationen? Stattdessen versucht das ohnehin schon knappe und überlastete Praxispersonal, Patientinnen und Patienten entsprechend aufzuklären. Das alles wird natürlich nicht gesondert vergütet.

Anders soll es bald bei der sogenannten GesundheitsID kommen. Hier sollen die Apotheken eine Schlüsselrolle beim Anlegen der digitalen Identitäten übernehmen, in dem sie die Personalausweise kontrollieren und die Identität der Kundinnen und Kunden über ein spezielles Terminal der Bundesdruckerei bestätigen. Das wird natürlich – vollkommen berechtigt – nicht umsonst erfolgen, sondern in noch unbekannter Höhe vergütet werden. Hier wird aber deutlich mit zweierlei Maß gemessen. Warum eigentlich? Einmal mehr liegt der Verdacht nahe, dass sich der amtierende Bundesgesundheitsminister für den vertragsärztlichen Bereich nicht interessiert.

Der designierten hessischen Gesundheitsministerin Diana Stolz gratuliere ich herzlich und wünsche ihr eine glückliche Hand für die zahlreichen vor ihr liegenden Aufgaben. Viel Zeit für die Einarbeitung wird kaum bleiben, denn die Probleme im Gesundheitswesen werden immer dringender. Die von Bundesgesundheitsminister Lauterbach angekündigte Revolution im Krankenhauswesen pausiert gerade und der ursprüngliche Zeitplan ist schon längst Geschichte. Derweil droht immer mehr Krankenhäusern die Insolvenz, notwendige Investitionen werden angesichts einer ungewissen Lage nicht getätigt und das Personal ist verunsichert. Bei den Investitionen ist zu hoffen, dass die neue hessische Koalition ihre Zusage, diese auf jährlich 550 Millionen Euro zu erhöhen, auch tatsächlich einhalten wird. Unterstützt werden soll auch die ambulante medizinische Versorgung durch selbstständige, niedergelassene Ärztinnen und Ärzte. Das ist in der Tat dringend notwendig. Hilfreich wären nicht nur finanzielle Hilfen, sondern auch ausdauernder Druck auf Bundesebene, um endlich die Überbürokratisierung auf das notwendige und ausreichende Maß zurückzuführen. Wir werden die neue Ministeriumsspitze bei ihren Bemühungen unterstützen und stellen unser Know-how gerne zur Verfügung.

Dr. med. Edgar Pinkowski, Präsident