„Nach Jahrzehnten in der Rolle der praktizierenden Ärztin oder des praktizierenden Arztes finden wir uns mit zunehmendem Alter immer häufiger in der Patientenrolle wieder. Diese Rolle ist mit mehr oder weniger kritischen gesundheitlichen Problemen und mit mehr oder weniger großem Leidensdruck verbunden. Wie andere Patientinnen und Patienten erleben auch wir Ärzte Gefühle von Angst und Hilflosigkeit. Und wir lernen, uns zunehmend auch an die ungewohnte Rolle der/des Wartenden zu gewöhnen – und uns in Geduld zu üben!“

So beschreibt es der Kollege Dr. med. Udo Boessmann bei einem Gespräch in der Bezirksärztekammer Wiesbaden mit dem Vorsitzenden Dr. med. Michael Weidenfeld. Viele Jahre war Boessmann niedergelassener Arzt in Wiesbaden, er hat tausende von Patienten behandelt und begleitet. Jetzt mit 67 Jahren macht er mit dem Medizinbetrieb, der ihm in seiner bisherigen Rolle als Arzt so vertraut erschien, ganz neue und ungewohnte Erfahrungen: „Als Patient erlebe ich die jüngeren Kolleginnen und Kollegen und die medizinischen Strukturen aus einer deutlich veränderten Perspektive. Ich mache viele gute Erfahrungen, aber es gibt auch einiges, was mich befremdet. Das geht anderen älteren Kolleginnen und Kollegen ähnlich. Wir Älteren kennen und verstehen das System aus zwei diametral entgegengesetzten und sich gegenseitig ergänzenden Sichtweisen. Aus dieser doppelten Position heraus können wir gemeinsam möglicherweise zur Verbesserung der Qualität, Effizienz und Menschlichkeit der derzeitigen medizinischen Versorgung beitragen.“

Nach einem sehr informativen Gespräch beschlossen wir, im Bereich der Bezirksärztekammer Wiesbaden einmal der Frage nachzugehen: Was oder wie erlebt der Arzt, die Ärztin, seine/ihre Rolle als Patient oder Patientin?

Dafür bitten wir die Mitglieder der Bezirksärztekammer Wiesbaden, uns zu helfen: Wären Sie bereit, sich an einem Erfahrungsaustausch zum Thema „Ärztin/Arzt als Patient“ zu beteiligen?

Interessierte Kolleginnen und Kollegen sind eingeladen, ihre guten sowie weniger guten Erfahrungen mit dem Medizinbetrieb aus ihrer persönlichen Patientenperspektive mitzuteilen. Natürlich können sie ihre Erfahrungen, Meinungen und Berichte anonymisiert einreichen. Auch Ideen zur Verbesserung der Versorgungsqualität sind willkommen.

Wir werten die Erfahrungsberichte aus und erstellen einen Bericht, der die mitgeteilten Erfahrungen und Vorschläge in anonymisierter Form zusammenfasst. Alle Kolleginnen und Kollegen, die Interesse an dem Thema bekundet haben, erhalten diesen Erfahrungsbericht, wenn sie das wünschen.

Bei ausreichender Resonanz sind weitere Schritte denkbar: ein Treffen der interessierten Kolleginnen und Kollegen oder ein Austausch in Form einer Videokonferenz. Der Erfahrungsaustausch und die Erörterung der Frage nach möglichen Verbesserungen könnten auch im Format eines Qualitätszirkels stattfinden. Schließlich kann auch über eine Art ärztliches Selbsthilfenetzwerk nachgedacht werden, in dem sich Kolleginnen und Kollegen gegenseitig unterstützen.

Bitte teilen Sie der Bezirksärztekammer Wiesbaden Ihr Interesse am Thema und ggf. Ihre Erfahrungen als Patientin oder Patient mit. Ihre Erfahrungen werden selbstverständlich nach den Regeln der Schweigepflicht behandelt.

Dr. med. Udo Boessmann, E-Mail: udo.boessmann@web.de, Fon: 0171 6410644

Dr. med. Michael Weidenfeld, Vorsitzender der Bezirksärztekammer Wiesbaden, E-Mail: bezaek.wiesbaden@laekh.de, Bezirksärztekammer Wiesbaden, Bierstadter Straße 17, 65189 Wiesbaden